03Juli
2019

Wenn´s läuft dann läuft´s...

Das Fahrrad ist startklar und der Hänger ist gepackt. Auch die Frage wo ich das Auto die nächste Zeit stehen lassen kann ist geklärt. Trotz finnischem Dauernieselregen bin ich motiviert. Ich stelle die Unterstützung meines E-bikes auf Maximum um die Steigung zur Ausfahrt des Campingplatzes zu überwinden. Problemlos erreiche ich die Hauptstraße und fahre erst mal Richtung Inari "Zentrum". Die ersten interessierten Blicke treffen mich und mein Gefährt - ich kann es nicht verleugnen - ein gewisser Stolz ist vorhanden. 

Ich verlasse Inari und erreiche meine angepeilte Reisegeschwindigkeit von ca. 25 Km / h. Trotz 9 Grad und Regen habe ich schnell Betriebstemperatur erreicht, denn treten muss ich ja dennoch ordentlich. So absoliviere ich relativ schnell die ersten 30 km bis sich das Fahrverhalten meines Hängers zunehmend ändert. Bei jeder noch so kleinen Bodenwelle schauckelt sich der Hänger kurzzeitig auf. Dieses Fahrverhalten nimmt immer extremere Züge an und ein Blick auf den Hänger schockiert mich zu tiefst. Beider Laufräder eiern samt Aufbau wie man es normal nur in einem Comic Film sieht. Sofort fahre ich in die Einfahrt eines Waldweges die nur wenige Meter entfernt ist. Meine größte Befürchtung, dass die Räder abknicken ist zum Glück nicht eingetroffen. 

Sofort beginnt meine Analyse die immer noch nicht abgeschlossen ist: An beiden Laufräden sind bis auf wenige Ausnahmen alle Speichen locker, und zwar so locker, dass die Achse um 2-3cm verschoben werden kann. 

Ich bocke den Hänger auf die 4 Ständer auf, die eigenlich für den "Camping-Modus" gedacht sind und löse die Schnellspanner. Aus meinem Fundus an Werkzeug hole ich den Speichenschlüssel heraus und freue mich kurzzeitig diesen und auch gefunden zu haben.

Vorschnell ziehe ich die ersten Speichen an bis dies wieder eine gewisse Spannung vorweisen. Dann allerdings bekomme ich Zweifel an meinem Vorhaben,  da ein Rad einspeichen bzw. zu justieren nicht ganz so einfach sein wird. also ziehe ich jede Speiche erst mal nur eine Umdrehung an und arbeite mich solange vor bis die Erste eine Spannung aufweist. Irgendwann sind alle fixiert. Dasselbe mach ich am 2ten Rad. Nun hänge ich die Räder wieder ein, drehe sie, und muss mit Entsetzten festellen, dass die Speichen zwar fest sind, das Rad aber noch so einen Achter hat, dass dieser an der Feder schleift. 

Meine Betriebstemperatur hat sch zwischenzeitlich deutlich abgekühlt, und neben dem Regen hat sich zu allem Überfluss auch noch ein Geschwader Mücken um mich versammelt., was meine Bemühungen der Unwucht am Rad Herr zu werden zusätzlich erschwert. Ohne große Erfahrung versuche ich verzweifelt das Problem zu lösen, zwischedurch füchtel ich wild um mich um die Plagegeister abzuwehren. Mein Handrücken ist besonders begehrt.

Nach etlichen Versuchen und Korrekturen habe ich nach vermutlich 2 Stunden die Laufräder so hinbekommen, dass ich sie selbstzufrieden, dennoch genervt,  wieder montieren konnte. Sicherheitshalber wurden noch 10 Liter Wasser abgelassen - Gewicht reduzieren - bloß kein Risiko eingehen. 

Die Fahrt geht weiter und zunächst macht sich Optimismus breit, dass das Problem gelöst ist. Doch jetzt nimmt das Unheil seinen weiteren Lauf. Nach wenigen gefahrenen Kilometern wiederholt sich das Prozedere und ich schaffe es nicht dauerhaft Stabilität in die Räder zu bekommen. 

Erstmalig bin ich am überlegen was ich mache wenn mir die Räder brechen. Dieser Gedanke packt meinen Ehrgeiz und entschließe ich mich diese Etappe mit allen Mitteln zu Ende zu bringen - auf Rädern! Dazu halte ich an jeder geeigneten Stelle und Kontrolliere mit immer geübteren Griffen die Spannung der Speichen.     

Sobald sich eine Speiche locker anfühlt ziehe ich diese an, was sich nicht gerade positiv auf die Laufeigenschaft auswirkt. Mittlerweile sind die Auswirkungen hör- und spürbar, da jetzt der Reifen jetzt immer wieder an der Feder schleift.  

Dieses Prozedere wiederholt sich etliche Male. Dass man beim Radfahren so konzentriert sein kann war mir neu. 

Nach 70 Kilometern, 9 Grad und etlichen Stunden im Regen sehe ich endlich das ersehnte Schild: Hieta Joki - der Campingplatz...

Jetzt noch das Zelt aufbauen und eine heiße Dusche - über die Konsequenzen bin ich mir noch nicht wirklich im Klaren...